Es mag so wirken, als wären öffentliche Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten eine Selbstverständlichkeit – doch das sind sie keineswegs. Sie sind Teil des deutschen Sozialsystems, für welches Bismarck bereits im 19. Jahrhundert das Fundament legte, als die ersten Sozialversicherungen gesetzlich eingeführt wurden. Seit der Implementierung der sozialen Marktwirtschaft 1948 unter der Sozialpolitik Ludwig Erhards ist das deutsche Sozialsystem tief im deutschen Grundgesetz verankert.
Doch seitdem hat sich viel getan und unser Sozialsystem hat sich verändert und in seiner Komplexität weiterentwickelt. Dennoch steht heutzutage das gesamte System unter enormem Druck durch sich ständig verändernde politische, gesellschaftliche und auch wirtschaftliche Einflüsse. In diesem Artikel beleuchten wir die aktuellen großen Herausforderungen des deutschen Sozialsystems und erörtern mögliche Lösungsansätze, wie auch Sie sich konkret einbringen können.
Das deutsche Sozialsystem ist ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und sorgt dafür, dass die Schwachen und Bedürftigen nötige Unterstützung und Hilfe erhalten. Dazu zählen unter anderem Kranke, Arbeitslose und ältere Menschen. Das System beruht auf den Prinzipien der Solidarität und Einkommensumverteilung - Bürger mit höheren Einkommen leisten mehr und stellen so eine universelle Versorgung sicher, um die Grundsicherung zu gewährleisten.
Neben diversen geldlichen Leistungen wie beispielsweise Arbeitslosengeld (Hartz IV), Rente und Kindergeld umfasst der deutsche Sozialstaat auch unzählige öffentliche Einrichtungen und Institutionen, die den Wohlstand deutscher Staatsbürger sichern und gewährleisten. Dazu gehört die pflegende und medizinische Versorgung durch ein breites Angebot an Krankenhäusern, Hospizen und Altenheimen. Aber auch Kindergärten, Schulen und Kitas bilden die Grundlage für das soziale Netz Deutschlands.
Gemeinnützige Einrichtungen werden selten gewerblich betrieben, da ihr primäres Ziel nicht die Gewinnerzielung, sondern die Bereitstellung von Dienstleistungen ist, die gesellschaftlichen Mehrwert schaffen. Diese Dienste, wie etwa Bildung, Gesundheitsversorgung und Unterstützung für Bedürftige, generieren positive externe Effekte, das heißt, sie stiften Nutzen, der über die unmittelbar Beteiligten hinausgeht. Beispielsweise führt eine verbesserte Gesundheitsversorgung oder Bildung zu einer gesünderen, besser informierten Bevölkerung, was wiederum die Produktivität und Lebensqualität in der Gesellschaft insgesamt erhöht.
Da der Marktmechanismus diese positiven externen Effekte oft nicht angemessen berücksichtigt und die Dienstleistungen nicht in ausreichendem Maße oder zu sozial akzeptablen Preisen bereitstellt, greifen der Staat und Wohlfahrtsverbände ein. Sie übernehmen die Trägerschaft für diese Einrichtungen, um sicherzustellen, dass diese essenziellen Dienste breit verfügbar sind.
Einige gemeinnützige Einrichtungen Deutschlands werden staatlich, durch öffentliche Hand betrieben. Dazu gehören Jugend- und Sozialämter sowie Jobcenter, aber auch einige Krankenhäuser, Kitas und Kindergärten.
Doch ohne weitere Träger wohltätiger Einrichtungen würde das Sozialsystem nicht lange halten, da die öffentlichen Angebote schlichtweg nicht ausreichen. Beispielsweise werden lediglich 33 % aller deutschen Kitas durch den Staat betrieben. Im Fall der Krankenhäuser beträgt die Statistik sogar nur 28 %. Alle nicht staatlichen Einrichtungen werden durch private Hand oder durch Wohlfahrtsverbände betrieben. Die größten Wohlfahrtsverbände Deutschland sind kirchlich. Die evangelische Diakonie sowie die katholische Caritas betreiben eine Vielzahl an gemeinnützigen Einrichtungen und beschäftigen so bundesweit 1,8 Millionen Menschen - und sind damit nach dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands. Neben den kirchlichen Verbänden sorgen außerdem diverse bürgerliche Wohlfahrtsverbände für einen funktionierenden deutschen Sozialstaat. Die größten Verbände sind hier der Paritätische sowie die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Ihre Arbeit reicht von der Betreuung älterer Menschen und Menschen mit Behinderung über die Integration von Migranten bis hin zur Unterstützung sozial benachteiligter Familien, wodurch sie eine essenzielle Rolle in der Gewährleistung der Inklusion und Gerechtigkeit spielen.
Neben essenziellen Problemen, wie dem demografischen Wandel, der das Sozialsystem in Zukunft vor viele Herausforderungen stellen wird, gibt es auch heute schon einige Stellen, an denen unser Sozialstaat bröckelt, wodurch die soziale Absicherung gefährdet ist.
Ob in den Kitas oder in den Pflegeheimen - dem deutschen Sozialsystem fehlt es an Fachkräften. Um beispielsweise die bundesweiten Nachfragen an Kitaplätzen erfüllen zu können, müssten rund 100.000 weitere Fachkräfte eingestellt werden. Doch der Personalmangel verstärkt das ganze Problem noch zusätzlich. Dadurch, dass das Personal kaum den aktuellen Betrieb aufrechterhalten kann, kommt es häufig zur Überbelastung der Fachkräfte. Angestellte klagen über zu große Kita-Gruppen und zu wenige Regenerationstage. So wird das Jobangebot des sozialen Sektors noch unattraktiver und immer weniger junge Leute entscheiden sich für eine Karriere in dieser Branche, was dazu führt, dass sich das Problem des Fachmangels nur vergrößert. Dieses grundlegende Problem kann erst dann vollständig gelöst werden, wenn sich Politik und Gesellschaft dafür einsetzen, die Arbeitsplätze im gemeinnützigen Sektor attraktiver zu gestalten. Dazu zählt ein höherer Lohn sowie zusätzliche Freitage und flexiblere Arbeitszeiten.
Eine Umfrage der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ergab 2023, dass 38,5 % der Mitarbeiter den Mangel an Finanzmitteln als größte Herausforderung des freien Wohlfahrtsverbands ansehen. Damit ist dies nach dem Personalmangel die zweitgrößte Herausforderung, mit der sich der freie Wohlfahrtsverband konfrontiert sieht. Die Finanzmittel dieser Einrichtungen reichen oft gerade so aus, um den alltäglichen Betrieb zu stemmen. Notwendige Investitionen in Sanierungen oder Neuausstattungen werden häufig aufgeschoben - die benötigten Geldmittel fehlen. Denn die Haupteinnahmequelle vieler freier sozialer Verbände sind Zuschüsse der Bundesregierung sowie Spenden und Mitgliedsbeiträge. So ist das System stark auf das ehrenamtliche sowie finanzielle Engagement einzelner Privatpersonen angewiesen, welches es umso anfälliger für Wirtschafts- und gesellschaftliche Krisen macht.
Offensichtlich ist also, dass das Sozialsystem von Ihrer Hilfe profitieren kann. Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich zu engagieren (mehr dazu in diesem Artikel) - hier sind ein paar der wirkungsvollsten Wege, das soziale System zu unterstützen.
Sie können helfen, den Personalmangel zu bekämpfen, indem Sie sich ehrenamtlich in einem der sozialen Verbände einbringen. Viele gemeinnützige Organisationen suchen händeringend nach Personal, sowohl für operative als auch für administrative Stellen. Sie könnten beispielsweise Senioren zu Arztterminen begleiten oder Menschen mit Behinderungen im Alltag unterstützen und zur Inklusion beitragen.
Kontaktieren Sie Ihre regionalen Kreisverbände der sozialen Träger für mögliche Angebote und weitere Informationen!
Für Menschen, die sich sozial einbringen möchten, aber aufgrund beruflicher oder familiärer Verpflichtungen wenig Zeit haben, bieten Spenden und soziale Investments eine attraktive Möglichkeit.
Durch soziale Investments oder das sogenannte "Crowdinvesting" können private Anleger auch mit kleinen Beträgen in gemeinnützige Projekte investieren und gleichzeitig einen positiven Beitrag leisten. Zusätzlich besteht die Chance, eine finanzielle Rendite zu erzielen. Falls Sie vorhaben, Ihr Geld gewinnbringend und gleichzeitig sinnvoll zu investieren, könnte Crowdinvesting eine interessante Option für Sie sein.