Mit dem Ausbruch der Corona Pandemie im Frühjahr 2020 sind mittlerweile so ziemlich alle Lebensbereiche stark beeinträchtigt. Doch vor allem ein Bereich hatte von Anfang an mit großen Einschränkungen, Schwierigkeiten und Konflikten zu kämpfen: Die Alten- und Pflegeheime. Denn eine Einrichtung, die ausschließlich aus Risikopatienten und knappem Pflegepersonal besteht, gilt es in besonderem Maße zu schützen. Doch wie kann das gelingen, ohne die Bewohner zu sehr von der Außenwelt abzukapseln?
Vor allem das strikte Besuchsverbot in vielen Pflegeheimen Deutschlands hat bereits mehrfach für hitzige Diskussionen gesorgt – insbesondere während der Weihnachtstage. Denn natürlich ist es tragisch, wenn Pflegebedürftige ihre Angehörigen nicht mehr sehen können. Doch keine Besuchseinschränkungen sind auch keine Lösung. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen zunächst zeigen, wie die einzelnen Bundesländer bislang mit diesem Konflikt umgehen, welche Schwierigkeiten sich weiterhin ergeben und wie Pflegeheime am besten mit Besuchsverboten umgehen.
Im Regierungsbeschluss vom 05. Januar 2021 wurden viele der bereits getroffenen Maßnahmen noch einmal verschärft. Denn noch immer finden zu viele Corona Infektionen in Pflegeheimen statt. Bis sämtliche Einrichtungen einen ausreichenden Impfschutz erreicht haben (beide Impfdosen für Patienten wie Pflegekräfte), gilt es deshalb eine zusätzliche Sicherheitsstufe einzubauen. Die Maßnahmen sehen u.a. vor, dass das Personal in Alten- und Pflegeeinrichtungen verpflichtend mehrmals pro Woche Schnelltests durchführen soll. Nachdem sich Bund und Länder am 19. Januar 2021 noch einmal getroffen haben, sollen künftig auch sämtliche Besucherinnen und Besucher beim Betreten der Einrichtungen auf das Coronavirus getestet werden. Grundsätzlich sind die Einrichtungen selbst in der Verantwortung, die Testungen im vorgegebenen Maße umzusetzen. Bund und Länder starteten jedoch bereits eine gemeinsame Initiative, um etwaige personelle Engpässe auszugleichen. Im Zuge dessen sollen etwa 30.000 Freiwillige in rund 15.000 deutsche Alten- und Pflegeheime gebracht werden. Pro Einrichtung sind 2 Helfer geplant, um die Heime vorübergehend bei der Durchführung der Corona-Schnelltests zu entlasten.
Das beste Hygiene- und Besuchskonzept ist nicht umsetzbar, wenn es an dem erforderlichen Personal fehlt. In einer großen Mehrheit aller deutschen Pflegeeinrichtungen kann man jedoch einen Mangel an Pflegepersonal feststellen. Auch ohne Corona kommen Pflegekräfte bereits mit den absoluten Kernaufgaben an ihre Grenzen. Kommen nun Hygienekonzepte, Schnelltests, die Quarantäne von Mitarbeitern sowie ein aufwändiges Besuchermanagement hinzu, fehlt es an allen Ecken und Enden an der notwendigen Arbeitskraft. Im Zweifel bleibt somit nur noch das komplette Besuchsverbot.
Vor allem mit dem Ausbruch des Virus im eigenen Haus, schließen immer mehr Alten- und Pflegeheime ihre Tore für Besucher komplett. Und das obwohl Bundesgesundheitsminister Spahn noch im September letzten Jahres zukünftige Besuchsverbote ausschloss. Er sprach von flexiblen Schutzmaßnahmen in Heimen für den Winter. Leider ist davon bislang wenig zu spüren. Problematisch ist dies nicht nur, da den Patienten in diesem Fall alle Freiheitsrechte genommen werden. Vor allem vom Coronavirus betroffene Sterbende sowie ihre Angehörigen werden durch die Besuchsverbote stark traumatisiert.
In besonderem Maße sind auch demenzerkrankte Patienten von den Besuchsverboten in Pflegeheimen betroffen. Sie leiden so stark, da sie schlichtweg nicht verstehen, warum sie plötzlich keinen Besuch mehr empfangen dürfen. Nicht selten dürfen Frauen ihre Männer oder Kinder Ihre Eltern nicht mehr besuchen. Dies ist eine tragische Situation für Angehörige wie Bewohner.
Leider gibt es auch immer wieder Menschen, die sich nicht konsequent an die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen halten und im Zimmer doch eigenmächtig die Maske abnehmen. Auch hier mangelt es oftmals am Personal, das Besucher ausreichend aufklären und begleiten kann. In der Konsequenz verzichten viele Alten- und Pflegeheime gänzlich auf Besuche, um ihre Bewohner sowie das Pflegepersonal zu schützen. Doch ist es sinnvoll, die Maßnahmen in solch einem sensiblen Bereich nach ein paar wenigen Ausnahmen zu richten?
In den neusten Beschlüssen vom 19. Januar wurde ohnehin bundesweit das Tragen von FFP2 Masken (oder ähnlichen Modellen, wie „N95“- oder „KN95“-Masken) in ÖPNV sowie Geschäften durchgesetzt. Es ist aus diesem Grund nur konsequent, diesen zusätzlichen Schutz auch in Pflegeeinrichtungen verpflichtend für Pflegepersonal sowie Besucher einzuführen. Der große Vorteil dieser medizinischen Masken ist, dass ihre Filterleistung nachgewiesen ist.
Ein Großteil der Bundesländer unterscheidet in den Verordnungen zum Besuchsrecht zwischen „normalen Heimbewohnern“ und „Schwerstkranken und Sterbenden“. Letzteren wird in vielen Fällen ein besonderes und weniger eingeschränktes Besuchsrecht eingeräumt. Selbst wenn bei einem Sterbenden eine Corona Infektion festgestellt wurde, sollte es ihm unter besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen ermöglicht werden, angemessen Abschied zu nehmen.
Um sich Konflikte und Missverständnisse mit Besuchern zu ersparen, sollten Pflegeheime bereits auf ihrer Website gut über die aktuellen Corona Maßnahmen aufklären und die Informationen stets aktuell halten. So bleiben Angehörige immer up-to-date und Ihr ohnehin schon knappes Pflegepersonal erspart sich aufwändige Einzelgespräche.
Für die Durchführung der nun verpflichtenden Corona Tests, müssen sich die meisten Pflegeheime ohnehin freiwillige Helfer ins Boot holen. Doch auch für aufwändigere Besuchskonzepte kann es sinnvoll sein, zusätzliche Helfer zu beschäftigen. Beispielsweise könnten Studierende dafür eingesetzt werden, dass Besucher während ihres Aufenthalts sämtliche Hygiene- und Schutzmaßnahmen einhalten. Auch beim korrekten Anlegen der Schutzkleidung können weitere Helfer vor Fehlern bewahren.
Warum nicht auch selbst aktiv und kreativ werden? Als positives Beispiel und Vorreiter in Sachen Eigeninitiative ging in der Vorweihnachtszeit z.B. die Stadt Tübingen durch die Medien. Seit Oktober 2020 – schon lange bevor bundesweite Beschlüsse in Kraft traten – organisierte die Stadt Corona Schnelltests für alle Anwohner, die sich testen lassen wollten. Der Fokus lag jedoch v.a. auf den Pflegeheimen. Jeder, der seine Angehörigen über die Weihnachtszeit besuchen wollte, konnte sich kostenlos testen lassen. Vielleicht haben auch Sie eine Idee, wie Sie Besuche in Ihrem Pflegeheim weiterhin ermöglichen oder die Situation für Ihre Bewohner verbessern können. Doch Sie fragen sich, wie Sie ihr Projekt als einzelne Pflegeeinrichtung oder Trägerschaft finanzieren sollen? Neben der Beantragung von Fördergeldern haben Sie auch die Möglichkeit, Ihre Kosten schnell und unkompliziert vorzufinanzieren. Informieren Sie sich hier über Ihre Möglichkeiten.
Die erste Welle der Pandemie hat uns gezeigt, dass ein komplettes Besuchsverbot in Pflegeheimen großen Schaden anrichten kann. Langfristiges Ziel muss es daher sein, mit den richtigen Maßnahmen Besuche im Pflegeheim zu jeder Zeit zu ermöglichen. Denn nicht jeder gut vorbereitete Besuch stellt automatisch ein potenzielles Infektionsrisiko dar. Natürlich ist es eine große Verantwortung, hier im richtigen Maße abzuwägen und die richtige Entscheidung zu treffen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass entsprechende Maßnahmen auch von Bund und Ländern klarer vorgegeben werden. Doch auch die Entscheidungsträger am Ort des Geschehens sollten auf ihre Erfahrungen vertrauen und den Mut haben, mit Eigeninitiativen als positives Beispiel voranzugehen.